Als fachlich hoch qualifiziert gilt die theoretische Ausbildung am Berufsschulzentrum Göschwitz. Hier ein Schnappschuss aus dem Unterricht der Fachoberschule mit Lehrer Michael Schurig, die aber nicht von Auslagerung bedroht ist. Foto: Michael Groß
Pläne des Freistaates Thüringen, wonach die Bau-Ausbildung aus dem Berufsschulzentrum Göschwitz abgezogen werden soll, sorgen für Aufregung in der Schule und in der Politik. Das Berufsschulzentrum in Jena-Göschwitz kommt nicht zur Ruhe. Nachdem in den vergangenen Jahren schon mehrere Ausbildungsberufe an andere Berufsschulen abgegeben werden mussten – so etwa die Maler- und Zimmererausbildung – und im Vorjahr eine drohende Fusion mit der Jenaer Berufsschule für Wirtschaft und Verwaltung (Paradiesschule) abgewendet werden konnte, steht nun ein weiterer Einschnitt bevor – jedenfalls, wenn es nach den Vorschlägen aus Erfurt geht. Aus dem Bildungsministerium kommen nämlich im Rahmen der gegenwärtig laufenden Thüringer Berufsschulnetzplanung keine guten Nachrichten für Jena. Die Stadträtin Elisabeth Wackernagel (CDU) spricht sogar von einer versuchten Ausdünnung des Standorts Jena. Sie sieht jetzt ihren Jenaer Politiker-Kollegen Christoph Matschie (SPD) dringend am Zuge. Er müsse sich als Bildungsminister stark machen für Jena, wo das Berufsschulzentrum Göschwitz eine zentrale Bedeutung für Wirtschaft und Handwerk besitze. Hintergrund ist der Vorschlag, die Ausbildung der Bauberufe künftig ganz in Gera und teilweise in Weimar zu konzentrieren. Dafür soll Göschwitz die letzten dort verbliebenen Bau-Ausbildungen abgeben. Das wären die Klassen der Beton- und Stahlbauer sowie der Trockenbaumonteure. „Damit würde unserer Schule ein komplettes Berufsfeld verloren gehen“, befürchtet Frank Weingart, amtierender Schulleiter. Das Baugewerbe wäre endgültig aus dem Berufsschulzentrum verschwunden. Und das, obwohl es in Jena großen Bedarf gebe. Vorhandene Ressourcen nicht aufs Spiel setzen.
Stadträtin Wackernagel nennt hier unter anderem Bau-Unternehmen wie Züblin, Bilfinger SE und andere Bau- und Handwerksbetriebe. In Jena boome schließlich die Wirtschaft, und hier werde weiter viel gebaut, wofür man gut qualifizierte junge Leute brauche. Ähnlich kritisch steht die Stadt Jena als verantwortlicher Schulträger den Erfurter Vorschlägen gegenüber. „Wir lehnen diese Gedanken ab und werden entsprechend dazu schriftlich Stellung nehmen“, sagt René Ehrenberg, Leiter vom Bildungsservice der Stadt. Und er verweist darauf, dass in Jena die Strukturen für die Berufsausbildung gewachsen seien und man hier fachlich versierte Lehrkräfte habe. Und auch Wackernagel und Weingart mahnen an, das es nicht gut sein könne, die vorhandenen und anerkannten Ressourcen in Jena brach liegen zu lassen oder sogar abzubauen, um sie anderswo dann wieder völlig neu aufbauen zu müssen. Dass die Klassenzahlen derzeit nicht immer hoch seien, wäre ein allgemeines demografisches Problem. Wenn es weniger Jugendliche gebe, dann verteilen sich die eben über viele Berufe. Die Zahlen seien in Göschwitz noch gut, sagt Weingart und nennt 33 Schüler, die man derzeit allein in Trockenbau- und Betonbau-Klassen habe. Auch der Ausbildungsgang Fertigungsmechaniker, den das Land lieber in Gotha sehe, habe in Jena schon 19 Anmeldungen. Im Ministerium nennt man 15 als Mindestgröße. Interesse gibt es aber auch an der Wiederaufnahme der Physiklaboranten-Kurse, was das Land sogar ins bayerische Selb abdelegieren will. Letztlich warnt Ehrenberg auch vor einer drohenden Auslagerung der Gastronomie-Ausbildung. Hier habe jedoch die Industrie- und Handelskammer schon angemahnt, dass man da auch vorhandene Strukturen berücksichtigen sollten. Und die sind in Göschwitz mit aktuell fast 1500 Schülern nach Ansicht vieler Experten gegeben. Stadträtin Wackernagel sieht im Übrigen auch das Projekt „Praxistag gemeinsamer Unterricht“ von Berufsschule, weiterführenden Schulen und Förderzentren gefährdet, wenn die Lehrkapazität dafür in Göschwitz verloren gehen sollte.
Michael Groß / 11.12.13 / OTZ
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